«Inside 144» – Einblick in das Innenleben der Basler Rettungssanitäter/innen
Wenn man die Nummer 144 anruft ruhen in diesem Moment alle Hoffnungen auf die Rettungssanitäterinnen und -sanitäter. Daria Stohler, stellvertretende Teamleiterin bei der Sanität Basel, die der Rettung Basel-Stadt angehört, gewährt uns einen Einblick in ihren Alltag.
Daria Stohler ist stellvertretende Teamleiterin bei der Rettung Basel. Sie hat in diesem Beruf schon viel erlebt. Auch Situationen, die nicht einfach zu verkraften waren. Trotzdem sagt sie: «Es ist doch eher ein Traum- und kein Trauma-Job. Ich würde keinen anderen machen wollen.» Die Leute von der Sanität Basel, wo auch die Notrufnummer 144 betrieben wird, haben einen Arbeitstag – oder besser gesagt Schichten, die uns sehr viel abverlangen und fordern. «Der Beruf verlangt Vielseitigkeit und ein Gespür für die Menschen. Man muss dafür geschaffen sein, Durchhaltewillen haben und gut geschult sein, um auch in den schwierigsten Situationen alles richtig zu machen. Die Betroffenen und die Angehörigen erwarten das von uns.»
Voller Fokus auf die Aufgaben
Um in jeder der so unterschiedlichen Situationen instinktiv das Richtige zu tun, muss man versuchen, bei jedem Einsatz die Gefühle und Befangenheiten möglichst in den Hintergrund fallen zu lassen und den ganzen Einsatz zu hundert Prozent professionell zu erledigen. Daria Stohler: «Manchmal sehen wir Dinge, die wir verarbeiten müssen.
Schicksale berühren uns auch, aber wir müssen immer unsere Aufgabe im Blick haben. Und diese heisst: Soforthilfe und retten.» Das ist, so bestätigt Daria Stohler, bei Unfällen mit Kindern besonders schwierig. Oft seien die Eltern teilweise nervöser und besorgter als die betroffenen Kinder selbst. «Das sind besondere Einsätze», sagt Daria Stohler und klärt auf: «Wenn Kinder betroffen sind, muss man vor allem Vertrauen schaffen.»
Vielseitige Fachkenntnisse nötig
Rettungssanitäter müssen sehr vielseitig sein. «Unsere Ausbildung ist anspruchsvoll. Man muss auf vielen Gebieten fundierte Ahnung und gute Kenntnisse haben», so Daria Stohler. Die meisten haben nicht nur eine Spezialität im Job.
Man müsse eigentlich alles können, was so ein Einsatz an Hard- und Softskills mit sich bringt. Daria Stohler zum Beispiel ist Instruktorin. Sie macht Simulationstraining mit Puppen, die gesteuert werden wie echte Patienten und hat eine Ausbildung als Flight- und Critical Care Paramedic aus den USA. Zudem unterrichtet sie an der Höheren Fachschule für Rettungssanitäter und studiert angewandte Psychologie für die Arbeitswelt. Das zeigt schon, wie viel an einem Arbeitstag verlangt wird von Menschen wie Daria Stohler. Vor ihrer Zeit bei der Sanität Basel (144) hat Daria bereits einen anderen Job gelernt, und zwar hat sie als Fachfrau für Radiologie am Universitätsspital Basel gearbeitet. «Und nun rette ich Leben. Sehr gerne würde ich aber auch mit Tieren arbeiten.»
Bis zu zehn Einsätze pro Schicht
Von April bis Oktober 2018 war sie auf fast 300 Einsätzen in Aktion. Pro Schicht können es gut und gerne bis zu 10 Einsätze pro Team sein. Die Anzahl nimmt tendenziell eher zu. Wenn man mal weniger ausrücken muss, gibt es auch sonst viel zu tun: Rapporte schreiben, das Material retablieren und so weiter. Daria: «Es gibt immer etwas zu tun.» Die häufigsten Unfälle sind übrigens nicht unbedingt dramatisch oder besonders anspruchsvoll, bestätigt sie. Aber manchmal passieren dennoch aussergewöhnliche Dinge: «Eine Rettung auf der Skipiste mit dem Pistendienst war mal ein besonders komplizierter und dramatischer Einsatz. Da stürzte ein Kind bei einer Schnee-Schanze und hatte sich Wirbel im Rücken gebrochen.»
Zu Notgeburten oder Flugzeugabstürzen sei sie bisher noch nicht gerufen worden. Aber zu geburtshilflichen Notfällen schon, als zum Beispiel nach einer Geburt eine Mutter sehr viel Blut verloren hatte. «Leider kommen auch Schwimmunfälle häufig vor, weil viele oft zu unaufmerksam sind und die möglichen Gefahren falsch einschätzen.»
Mentaler und körperlicher Ausgleich sind wichtig
Daria Stohler mag die Abwechslung. Das heisst, dass sie auch Nachtschichten übernimmt. Da erlebe man meistens andere Dinge. Nachts sei die Welt anders wegen Alkohol, Ausgang und manchmal auch wegen der Schlägereien. Aber nicht alles drehe sich um diese Sachen, wenn es Nacht wird. Was Daria Stohler und alle anderen Rettungssanitäterinnen und -sanitäter ärgert: «Oft werden wir an der Arbeit gehindert. Zum Beispiel verlieren wir manchmal wertvolle Zeit, weil Zufahrtswege nicht frei sind oder Verkehrsteilnehmende nicht so Platz machen, wie sie es eigentlich sollten. Manchmal sind einige Leute am Einsatzort sogar uns gegenüber aggressiv. Und dann gibt es noch die Gaffer… .» Natürlich ist der Job bei der Sanität Basel (144) ziemlich stressig. Daria Stohler versucht, mit Hobbys wieder Kraft und Energie zu tanken: «Ich betreibe Crossfit, ich reite und bin oft in der Natur unterwegs. Es ist wichtig Stress abzubauen, überschüssiges Adrenalin und sonstige Stresselemente los zu werden!»
JoW