Der grosse Spagat

    Der neue EHC Basel-CEO musste eine doppelte Herausforderung meistern

    In diesem Sommer hat Olivier Schäublin die Rollen gewechselt. Und zwar vom Sportchef des EHC Basel zum Geschäftsführer. Wir haben den neuen CEO des zweitgrössten Sportclubs der Region besucht. 

    (Bild: Kaspar Thiriet) Ab dieser Saison neue Prioritäten: Ehemals Sportchef und Interims-Geschäftsführer ist Olivier Schäublin nun zu 100 Prozent der neue der Geschäftsführer des EHC Basel.

    Der EHC Basel hat sich in den letzten zwei Jahren quasi im Schnelldurchlauf vom hochdotierten Swiss League Aufsteiger zu einem designierten Top 4-Club in der zweithöchsten Eishockeyliga des Landes etabliert. Und zwar sportlich wie auch bezüglich der wirtschaftlichen Perspektiven. Auf Olivier Schäublin, der diesen Frühling den «Switch» vom Sportchef zum Geschäftsführer bewerkstelligen musste, warten viele Herausforderungen.

    Gewiss, der EHC Basel gehört bereits nach nur einer – in vielerlei Hinsicht bewegten – Saison in der Swiss League zur Elite der Liga. Das erstaunt nicht, denn nicht nur die sportlichen Perspektiven sind gegeben, um in den Top 4 zu landen. Vor allem die Tatsache, dass die Liga ein Zugpferd wie den EHC Basel braucht, um die Vermarktung anzukurbeln, ist virulent. Aber auch beim EHC Basel fällt einem nicht alles in den Schoss, wie Olivier Schäublin bestätigt: «Unsere Herausforderungen waren schon letzte Saison sehr vielfältig und es wird nicht einfacher. Die neue Saison ist jene der Bestätigung. Auch das ist immer eine Challenge. Aber wir haben das Team aufgerüstet, sind weniger breit aufgestellt, jedoch haben wir einiges an sportlicher Qualität dazu gewonnen. Ich konnte nach vier Monaten im Doppelmandat als Sportchef und Interims CEO den sportlichen Teil an meinen Nachfolger Kevin Schläpfer übergeben und habe ihn nun im Mai und Juni in die Prozesse eingeführt. Dies hat zwar Ressourcen gebunden, wird mich aber dann spätestens im August und September entlasten. Wir haben zusätzlich eine Sportkommission gegründet mit Kevin Schläpfer, David Malicek, meiner Wenigkeit und Andreas Rey als Vertreter des VR um so das ganze Knowhow zu bündeln. Ich bin mir sicher, dass wir so unsere Mannschaft und die ganze Sportabteilung am besten unterstützen können und gemeinsam Schritt für Schritt nach vorne machen werden.»

    (Bild: zVg. Sportagon Switzerland) Die treuen Fans halten und neue dazu gewinnen – Zielgruppenerweiterung ist eines der Hauptziele für die kommende Saison.

    Fokus auch auf die Vermarktungsthemen
    Olivier Schäublins Tage sind lang. Und das nicht schon seit seiner Beförderung zum Geschäftsführer beim EHC Basel. Mit Kevin Schläpfer konnte eine Identifikationsfigur für den Basler Eishockeysport als Sportchef und als Schäublins Nachfolger verpflichtet werden. Ein «Transfercoup», der bereits während der letzten Saison vollzogen werden konnte. Kevin Schläpfer ist nicht nur als «Hockeygott» den Fans ein Begriff, sondern auch als jahrelanger Coach und Sportchef bei prominenten Clubs. Was ihn aber ebenfalls besonders auszeichnet: Er kommt aus Sissach, ist eng mit der Region verbunden und er hat eine charismatische Persönlichkeit, die dem EHC Basel auch auf der Sponsorensuche und im Marketing hilft. Für Olivier Schäublin bedeutet dies eine Entlastung im Bereich der sportlich-technischen Aspekte. Aber dafür standen in diesem Sommer andere wichtige, für den Club entscheidende Aufgaben an, speziell beim Thema Vermarktung und Kundenbindung. Denn auch für die Vermarktung der Liga und die Zuschauerzahlen in den SL Stadien ist Basel ein Gewinn, wenn auch die zunächst für die Vermarktung der Swiss League beauftrage Agentur vor einem Jahr jämmerlich versagte und das Mandat verlor. Aber man hat sich mit Hilfe einer zeitweiligen SL Task Force wieder davon erholt, wenn auch weiterhin die Mittelbeschaffung und Wertschöpfung eine grosse Herausforderung bleibt. Basel bietet vielleicht mehr Möglichkeiten auf diesem Sektor als andere Standorte der Swiss League, macht die Aufgabe aber nicht unbedingt leichter. Denn nicht weg zu leugnen ist, dass der Eishockeysport in der Metropolregion Basel unbedingt einen neuen Schub braucht. Und zwar «Outside the Bubble» sozusagen. Man hat immerhin schon mal einen harten Kern als Fanbasis und die Kundenbindung stimmt. Olivier Schäublin: «Die schweizweite Vermarktung hinkt hinterher seit der Abspaltung der SL vom Verband. Dort arbeitet man mit Hochdruck an einer Zentralvermarktung. Die Clubs leiden noch immer am Verlust von je 380’000 Franken, der aus dem Vermarktungs-Misserfolg von vor zwei Jahren entstand. Es ist weiterhin eine Herausforderung, neue Leute in die Arena zu bringen. Dafür müssen wir ein breites Publikum ansprechen. Das ist eine sehr spannende Aufgabe.»

    (Bild: Kaspar Thiriet) Olivier Schäublin vor dem Eingang der St.Jakob Arena: «Sehr vielseitige Herausforderungen warten auf mich.»

    Kundenbindung und neue Zielgruppen gewinnen
    Aber: Noch ist es schwierig, neue Zielgruppen dauerhaft an den EHC Basel zu binden. Bereits positiv ist, dass im Rahmen der Infrastruktur und des Eventmanagements einiges passierte. Nicht zuletzt auch dank des im Frühjahr 2023 angebrachten Video-Würfels in der St.Jakob Arena. Ebenso hat man das Catering und die Restauration im Stadion übernommen, was in der Regel eine Goldgrube ist für einen Sportclub. Und auch die Junioren-Weltmeisterschaften, die letzten Frühling in Basel viele Fans anlockte, hat zu einer kleinen Mini-Eishockeybegeisterung beigetragen. Diese gilt es jetzt unbedingt mit zu nehmen und nicht «verhungern» zu lassen wegen zu wenig Promotion. Strategisches Marketing ist nun gefragt. Schäublin bestätigt: «Unser neuer Videocube mit einem 88m2 Bildschirm ermöglicht neue Einnahmen in der Vermarktung, aber auch ein neues Eventerlebnis. Das ist ein riesiger Schritt nach vorne und wertet die für Swiss League Verhältnisse bereits gute Infrastruktur sehr auf.» Zudem habe man, so Schäublin weiter, ab Juli 2023 eine Gastro AG gegründet und so die ganzen Restaurationen im Stadion übernommen. Somit könne man in Zukunft das Angebot für Zuschauer und Sponsoren gestalten. Und dies nicht nur an den Spieltagen, sondern über das ganze Jahr. Dies sei eine wichtige neue Einnahmequelle für den Club. «Das wird nun im Sommer aufgebaut und er Plan ist, dass wir im September das Restaurant eröffnen können. An der Juniorenweltmeisterschaft haben wir gesehen, dass die Region sich für Eishockey durchaus begeistern lässt und welches Potential da ist.»

    Nicht nur hinter den Kulissen, sondern auch auf dem Swiss League Transfermarkt ging es zudem noch heiss zu und her. Auch beim EHC Basel. Die Vorfreude auf die neue Saison ist gross. Aber der Erfolgsdruck genauso. Olivier Schäublin abschliessend:» Der Erfolgsdruck ist in Basel immer da. Die Zuschauer verlangen attraktives Eishockey und wollen sehen, dass die Spieler alles geben und Emotionen ins Spiel bringen. Wir wollen auch in Basel eine solide Zuschauerkulisse, bekannter werden in der Region und uns sportlich verbessern um mittelfristig wieder einmal an der absoluten Spitze zu spielen. Die Baslerinnen und Basler sind sportbegeistert und stolz, zeigen Solidarität zum Club. Aber man will auch Fortschritte sehen und wieder einmal um einen Titel im Profisport spielen.» (Anmerkung: Der letzte Erfolg war der MyHockeyLeague-Schweizermeistertitel 2022).

    Von Joël Ch. Wuethrich


    Spektakel-Ausländer und Stimmung im Stadion

    Der EHC Basel war fleissig auf dem Transfermarkt und die beiden ausländischen Schlüsselspieler konnten gehalten werden. Mit Brett Supinski und Jakob Stukel kann man auf das vielleicht beste Ausländerduo in der SL zählen. Weitere Schlüsselspieler sind.dazu gekommen – einige von ihnen gehören zu den sogenannten Schlüsseltransfers des Frühlings und Sommers 2023.

    Für Spektakel im sportlichen Bereich ist also gesorgt. Nun muss auch die so genannte Customer Experience verbessert werden – also das Kundenerlebnis. Dies ist auch dringend notwendig, denn in Basel gilt die Devise: Nicht nur Kundenbindung ist jetzt wichtig sondern auch Kundengewinnung.


    Olivier Schäublin (45) war von 2001 bis 2015 Spieler in der Swiss League und der National League für den EHC Basel und bei verschiedenen anderen Clubs. Im 2015 wechselte er ins Management und war fortan Teil der Geschäftsstelle. Ab der Saison 2016/17 übernahm Schäublin den Sportchef-Posten und führte Schritt für Schritt den Club von der 1. Liga in die MyHockey League und schliesslich in die Swiss League. Ab der Saison 23/24 amtiert er nun als Geschäftsführer.

    Der Autor: Joël Ch. Wuethrich ist Marketingdozent, Unternehmer und u.a. auch CEO der Basler Spieler- und Trainerberatungsagentur Sportagon Switzerland. Er betreut mit seinem Team über 50 Eishockeyprofis – auch einige beim EHC Basel.

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