«Menschwerdung – Einführung in die ältere Urgeschichte und Kulturanthropologie»

    Seit seiner Kindheit interessiert sich Ingmar M. Braun für die Archäologie. Insbesondere die Steinzeit fasziniert den Basler Archäologen. Um sein Wissen zu teilen, gibt er Kurse. Der nächste startet am 31. Oktober.

    (Bilder: zVg)

    Seit Frühling 2014 widmet sich Ingmar M. Braun der Durchführung und Leitung von Erwachsenenbildungskursen in Basel zur Urgeschichte. Der Archäologe war unter anderem als wissenschaftlicher Mitarbeiter in diversen archäologischen Museen in der Schweiz und im Ausland und als Lehrbeauftragter zur Altsteinzeit an diversen Universitäten tätig. Sein Steckenpferd teilt er mit interessierten Teilnehmenden seiner Kurse.

    Herr Braun, was fasziniert Sie besonders an der Archäologie?
    „Woher kommen wir? Wo sind wir? Wohin gehen wir?“ Dies sind bestimmt drei Grundfragen, die sich die Menschheit sicherlich schon immer wieder gestellt hat. Mich interessiert es, wie unsere Vorfahren gelebt haben. Was ist von ihrer materiellen Kultur übrig geblieben und wie können diese Funde gedeutet werden? Gerade in der Urgeschichte, insbesondere der Altsteinzeit, mit der ich mich als Archäologe hauptsächlich beschäftige, gibt es mehr Fragen als Antworten. Der Grund hierfür ist, dass es keine schriftlichen Quellen gibt. Mich interessiert vor allem das Phänomen der Eiszeitkunst, unter anderem mit den faszinierenden Höhlen mit Höhlenkunst, die insbesondere aus Frankreich und Spanien bekannt sind. Was hat die Menschen der damaligen Zeit, aus der Zeit von ca. 35’000 bis 10’000 v. Chr. bewegt sich tief in die Höhlen zu begeben und u.a. Bilder von Tieren darzustellen, die viele von uns Menschen bis auf den heutigen Tag berühren.

    Welches war Ihr grösster Fund?
    Mein grösster Fund war bis jetzt sicherlich der Faustkeil von Bettingen / BS im Jahr 1998. Es handelte sich dabei damals um den erst fünften Faustkeilfund in der Schweiz. Das Objekt hat voraussichtlich ein Alter zwischen 100’000 und 40’000 Jahren und wurde von einem Neandertaler hergestellt. Ich erinnere mich aber auch noch gut daran, wie ich als knapp 10-Jähriger die ersten steinzeitlichen Funde in Bettingen entdeckte. Später als Teenager fand ich bei der Teilnahme an römischen Ausgrabungen meine erste römische Münze und eine Gemme und vieles mehr. Eigentlich ist jedoch jeder Fund speziell, wenn man sich bewusst wird, dass man die erste Person ist, die nach langer Zeit das Objekt in den Händen halten kann.

    Was hat Sie dazu bewegt, Ihr Wissen in Kursen weiterzugeben?
    Ich vermittle gerne Fachwissen. Es ist mir ein Anliegen, dieses Fachwissen Menschen zu vermitteln, die sich für die Urgeschichte der Menschheit interessieren. Sehr oft ist dieses Wissen kompliziert in Büchern geschrieben. Mir geht es darum, es auf eine verständliche Art und Weise in Bildern (Powerpointpräsentationen) und mit Objekten zu veranschaulichen. Es ist sicherlich auch ein Vorteil für die Kursteilnehmenden auch Rückfragen stellen zu können und es so zu einem gegenseitigen Austausch kommt. Auf einer Exkursion werden wichtige steinzeitliche Fundstellen erwandert und besucht. Oft sind die Orte den Teilnehmern schon bekannt, wie z.B. die Höhlen im Kaltbrunnental oder die Halbhöhle in der Ermitage in Arlesheim. Die Teilnehmer sind sich aber oft nicht bewusst, um was für wichtige archäologische Fundstellen es sich dabei handelt.

    Die Archäologie ist ein grosses Themengebiet. Worauf ist der Kurs inhaltlich fokussiert?
    Archäologisch gesehen beleuchtet der Kurs vor allem die Steinzeit, d.h. die Zeit von ca. 2,5 Mio. Jahren bis 2200 v. Chr. Der Schwerpunkt liegt auf der Altsteinzeit. Die Altsteinzeit ist innerhalb der Menschheitsgeschichte der längste Abschnitt. Sie dauerte von rund 2,5 Mio. Jahren bis ca. 10’000 v. Chr. Innerhalb dieser langen Zeitspanne lebten verschiedene Menschenarten, wie z.B. der Neandertaler. Die Menschen der Altsteinzeit lebten noch als Jäger und Sammler und waren noch nicht sesshaft. Der Kurs beleuchtet u.a. die menschliche Evolution, die materielle Kultur, die Lebensweise, Umweltbedingungen und das Phänomen der Eiszeitkunst. Aber auch die Jungsteinzeit, die Zeit in der die Menschen sesshaft wurden und begannen Ackerbau und Viehzucht zu betreiben, wird behandelt. Eine Doppelstunde widmet sich der Genetik, im speziellen der Paläogenetik und ihrer Erkenntnisse der Verwandtschaft zwischen uns anatomisch modernen Menschen und dem Neandertaler. Dieser Kursteil wird von einem Molekularbiologen unterrichtet. Der letzte Kursabend stellt sich der Frage „Was ist der Mensch?“ Es werden von einem Pädagogen Erkenntnisse der philosophischen und kulturellen Anthropologie vorgestellt.

    Welches Ziel verfolgen Sie mit dem Kurs?
    Wie oben schon gesagt, geht es mir darum, archäologisches Fachwissen auf eine verständliche Art und Weise zu vermitteln und für alle, die sich für diese Thematik interessieren, zugänglich zu machen. Es geht mir auch darum, dass die Teilnehmenden sich bewusst werden, dass auch bei uns in der Region Basel sehr wichtige steinzeitliche Fundstellen befinden. Auch können die Teilnehmer archäologische Objekte in die Hände nehmen, die man sonst nur allenfalls in Vitrinen in Museen anschauen kann.

    Das aktuelle Kursprogramm sowie weitere Informationen zu Ingmar M. Braun finden sich auf seiner persönlichen Homepage: www.palaeolithikum.com.

    Interview & Text: Tamara Steingruber


    Kursdaten:

    Zeit/Ort: 31.10.-12.12.2016, jeweils am Montag von 18.30-20.00 Uhr, Rheinfelderstrasse 29, 4058 Basel (Nähe Wettsteinplatz) und Tagesexkursion zu bedeutenden steinzeitlichen Fundstellen und Museumsbesuch in der Region Basel am 27.11.2016.

    Kurskosten: Fr. 350.-

    Anmeldung: bis 28. Oktober 2016

    Kontakt: Ingmar M. Braun (ingmarbraun@gmx.ch); Christoph Heinrichs (Tel.: 061 731 31 38)

    www.palaeolithikum.com

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