Kriminaltourismus – Was bringt der Winter 2022?

    Einer der charakteristischen Sätze in der weltberühmten TV-Fantasy-Serie «Game of Thrones» war: «Winter is Coming». Dokumentiert wurde da die Erwartung und Angst einer Invasion von Unsterblichen. Eine solche Invasion ist bezüglich des Kriminaltourismus› in der Region natürlich nicht zu erwarten. Aber der Oktober und November sind und bleiben «traditionelle Einbruchsmonate».

    (Bild: PEXELS) Ob Einbruchs- oder sonstiger Diebstahl: Kriminaltouristen finden immer wieder Gelegenheiten für ihre Diebestouren.

    In den letzten Jahren gehörten die Grenzregionen Basel und Genf zu den «Hotspots» bezüglich Kriminaltourismus. Dies natürlich aufgrund der Grenznähe und der so genannten «importierten Kriminalität». Denn viele mittelschwere Delikte, kleinkriminelle Straftaten und besonders Einbrüche würden nämlich von «Auswärtigen» begangen.

    Immerhin war das Pandemiejahr 2020 für Basel-Stadt und Baselland aus kriminalstatistischer Sicht erholsam: Die Kriminaltouristinnen und -touristen kamen aufgrund der besonderen Corona-Lage und -Beschränkungen weniger in die Grenzregionen. Seit 2021 aber, mit der neu entfachten Reiselust und den Menschen, die sich wieder viel öfter ausserhalb der eigenen vier Wände bewegen (aus privaten wie auch geschäftlichen Gründen) waren die Kriminaltouristen besonders in den letzten beiden Sommerjahren häufiger in der Region unterwegs.

    Dämmerungszeit fördert Einbruch- und sogenannte Einschleichdiebstahl
    Und dies nicht nur in Basel-Stadt, auch in den benachbarten Kantonen mit einer Grenze zu Frankreich oder Deutschland, finden Kriminaltourismus ein optimales Feld für Einbrüche vor: Einige Schweizer Grenzorte bieten nämlich gute Fluchtwege. Die eigentlich sehr gute Location wird so zu einem «Nachteil». Einbrecher zum Beispiel operieren äusserst gerne in grenznahem Gebiet, wo die Strassen frei sind und die «grüne Grenze» verläuft. Meistens gehen nur bei Routinekontrollen und Hinweisen aufmerksamer Bürger die Diebe der Polizei ins Netz. Lange wurden auch die Einbruchswellen im Schwarzbubenland bagatellisiert. Das Problem dort ist nicht nur die eher überschaubare Polizeipräsenz, bei welcher man derweil mit einer engeren Zusammenarbeit mit Baselland ansetzt. Es sind die für Kriminaltouristen äusserst attraktiven Fluchtwege, welche die Region für Diebestouren so interessant macht. Besonders über die grüne Grenze bei Flüh wird gern «geflüchtet», wie Insider berichten.

    Im Sommer 2022 häuften sich in der Region speziell wieder die Einbrüche. Dies war fast zu erwarten. Es wird nun spannend zu beobachten sein, wie sich die Lage dann während den «traditionellen Einbruchsmonaten» Oktober und November entwickelt. Die Polizei warnt jeweils schon im Spätsommer vor der Dämmerungseinbruchszeit (Einbruch- und sogenannte Einschleichdiebstähle). Die meisten Fachleute sagen für diesen Herbst und Winter eine leichte Zunahme voraus. Bereits zu Jahresbeginn hatte Dirk Baier, Leiter des Instituts für Delinquenz und Kriminalprävention der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften, in der «BZ» eine Einschätzung publiziert, wonach im Jahr 2022 die Kriminalität ansteigen würde. Und zwar gesamtschweizerisch. In dieser Prognose sind für ihn vier Hauptprobleme zentral, wobei besonders die zunehmende Jugendgewalt und der Kriminaltourismus heraus stechen. Beide Problemzonen waren in den letzten Jahren in der Grossregion Basel klar spürbar. Der Fachmann meinte im Interview, dass für die Entwicklung der Kriminalität in der Schweiz entscheidend sei, wie sich die ökonomischen Umstände in anderen Ländern entwickeln. Steigen im osteuropäischen oder südeuropäischen Raum Arbeitslosigkeit und Armut würden hierzulande online und offline mehr Delikte verübt. Im Klartext bedeute dies im Offline-Bereich mehr Wohnungseinbrüche, Taschendiebstähle, Geldautomaten-Sprengungen und Raubüberfälle.

    (Bild: PEXELS) Befragungen von Kriminaltouristen – eine mühsame Angelegenheit (Symbolbild)

    Trotz aller Statistiken und Herausforderungen bezüglich Kriminaltourismus: Basel wird eher als eine sichere Stadt empfunden. Das ist sie ohne Zweifel nach wie vor, da (noch) keine ausgesprochene «Problemviertel» existieren oder entstanden sind (wir haben bereits an dieser Stelle darüber berichtet). Die Stadt geniesst hierzulande aber auch in ganz Europa ein gutes Image als weltoffene, kompakte und lebendige Eventstadt. In der Schweiz jedoch, wurde Basel-Stadt aufgrund der letzten Kriminalstatistiken und fortlaufenden Polizeimeldungen mit negativen Schlagzeilen seit zwei oder drei Jahren in die Ecke der «statistisch kriminellsten Stadt» gedrängt. Was sie eigentlich ja nicht ist, wenn man die Auswertungen genauer betrachtet. Denn die meisten Delikte sind der Sparte der Kleinkriminalität zuzuweisen. Was bei der Basler Kriminalstatistik Jahr für Jahr «einschenkt» sind Schlägereien zwischen rivalisierenden Gruppen im Nachtleben, die Diebstahl-Delikte und eben auch die Vergehen von Kriminaltouristen.

    Der «Zentrumseffekt»
    Der Kanton erklärt ein gewisses Mass an Kleinkriminalität mit den «Zentrumseffekten» und der verschiedenen Grenzübergängen (Dreiland). Die Bevölkerungs- und Siedlungsstruktur sei zudem anders als auf dem Land, und das Landvolk feiere den Ausgang in der Stadt. Und wird seit Jahren auch festgestellt, dass häufiger denn zuvor Ausgänger/innen aus dem benachbarten Ausland die Stadt aufsuchen, um dort abzufeiern. Leider geschieht dies zuweilen so exzessiv, so dass wiederholt Schlägereien und sonstige Zwischenfälle registriert werden. Wir hatten zu diesem Thema auch schon verschiedentlich mit Ex-Kriminalkommissär und dem langjährigen Mediensprecher der Staatsanwaltschaft Markus Melzl gesprochen. Er weiss, wie man die Kriminalstatistiken liest und interpretiert, kann zwischen den Zeilen lesen und nimmt seit seiner Pensionierung von den früheren Funktionen kein Blatt vor den Mund. So betont er auch Dinge, die man oft in den Medien oder auch bei verschiedenen offiziellen Pressestellen der Ämter aufgrund der «Political Correctness» gerne nicht so prominent verkündet: «Ein Beispiel hierfür ist die Ausländerkriminalität. Dieser Aspekt darf auf keinen Fall ausgeklammert werden. Über 50 Prozent aller Straftaten nach Strafgesetzbuch werden durch Ausländer begangen. Diese Zahlen sind heikel in der Interpretation, sagen aber auch viel aus. Auch wenn man dies insofern relativiert, dass von diesen über 50 Prozent zusammengesetzt deren über 30 Prozent von der ständigen ausländischen Wohnbevölkerung und der Rest von Personen aus dem Asylbereich und von Kriminaltouristen verübt werden.»

    Attraktiv für Kriminaltouristen: E-Bike-Diebstahl
    Ein neueres Phänomen ist der deutliche Anstieg bei Elektrovelo-Diebstählen (2021 wurden hierzulande fast 40 Prozent mehr Elektrovelos gestohlen). Auch dieser «Geschäftszweig» geht in den meisten Fällen auf das Konto der Kriminaltouristen. Im Winter dürfte dieser Trend wieder etwas abnehmen. Ein Dreh- und Angelpunkt für den Umschlag dieses Diebesgutes wurde der Bahnhof der Gemeinde Saint-Louis. In der Schweiz geklaute Fahrzeuge werden von dort aus in der umliegenden Region verteilt. Das bestätigen auch Medien aus dem Dreiland wie die «Dernières Nouvelles d’Alsace»: Die meisten aus Diebestouren sichergestellten Fahrzeuge kommen nicht aus dem Elsass, sondern aus Basel – die Rede sei dabei von einer beispiellosen Zunahme. In der Regel sieht man ein gestohlenes Elektro-Fahrrad nie mehr wieder. Oder vielleicht dann doch im Internet. Denn oft wird die heisse Ware online wieder feilgeboten. Häufig zu einem deutlich geringeren, aber dennoch stolzen Preis. Meist landen die Elektrovelos aber im Ausland. Nach derzeitigen Erkenntnissen ginge ein grosser Teil dieser Fahrräder in Richtung Serbien, Albanien oder Rumänien. Die meisten Diebstähle seien gut vorbereitet inklusive der Abtransport.

    ChaS, DaC, JoW

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