Erst die Überhitzung, dann der «Kälteschock»

    Achtung auf den Kreislaufschock beim Sprung ins kühle Nass

    In den letzten Wochen häuften sich – wieder einmal zeitgleich beim Anbruch einer Hitzewelle – die Meldungen über Badeunfälle. Manche endeten ausserordentlich tragisch. Man kann nicht oft genug darauf hinweisen, dass in Schwimmbädern und an Flüssen und Seen die Baderegeln der SLRG einzuhalten sind und man sich bewusst sein muss, dass ein Sprung ins kühle Nass einige Risiken birgt, die auf den ersten Blick nicht erkennbar sind.

    (Bild: PEXELS) Macht Spass und kühlt ab. Aber Achtung: Eine Muskelkontratktion und Kreislaufprobleme sowie Atemreflexe sind nicht ausgeschlossen. Deshalb: Bei hohen Luft- und tiefen Wassertemperaturen, wie im Rhein oft der Fall, vorher benetzen und nicht überhitzt herein springen!

    Die Badeunfälle am Rhein in der Region haben in den letzten Wochen einmal mehr für Gesprächsstoff gesorgt. Auch müssen immer wieder Kleinkinder in Schwimmbädern gerettet und manchmal sogar reanimiert werden nach einem Missgeschick beim Spielen im Wasser. Noch in lebhafter Erinnerung ist der tragische Unfall mit Todesfolge der Schweizer Fussball-Nationalspielerin Floriana Ismaili. Sie ist ganz einfach von einem gemieteten Boot in den Comersee gesprungen und ertrunken. Was ist geschehen? Erlitt sie einen Kreislaufschock? Kann dies auch bei einem Sprung in den Rhein passieren, wo man auch in einen Wirbel geraten könnte? Wir haben mit Philipp Binaghi, Mitglied der Geschäftsleitung und Leiter Kommunikation und Marketing bei der Schweizerischen Lebensrettungs-Gesellschaft SLRG gesprochen.

    Philipp Binaghi, man hört immer wieder, dass gesunde Personen mit einer ganz normalen Fitness ertrinken oder einen Badeunfall erleiden, nachdem sie von einem Boot oder einer Plattform aus in den Rhein oder in einen See springen. Warum ist das so?
    Philipp Binaghi: Aktuell haben wir hohe Lufttemperaturen und im Verhältnis dazu tiefe Wassertemperaturen um 20 Grad im Mittel wie aktuell im Rhein. Wer sich nun einfach ins Wasser stürzt geht erhebliche Risiken ein. Bei extrem hohen Temperaturen wie am vergangenen Wochenende ist es gefährlich, wenn man überhitzt ins Wasser springt. Die plötzliche Kälte beim Eintritt ins Wasser bedeutet eine enorme Stress­situation für den menschlichen Körper. Mögliche Folgen können Krämpfe – also eine plötzliche Muskelkontraktion, Kreislaufprobleme oder gar eine Ohnmacht sein. Warum das so ist: Beim Eintritt ins Wasser spannt sich der Körper aufgrund der Schocksituation an und es geschehen eine Muskelkontraktion sowie ein Atemreflex. Mit dieser Reaktion einher geht, dass sich auch Blutgefässe verengen und die Blutzirkulation erschwert wird oder gar ins Stocken gerät. Wie oben erwähnt sind Schwächen oder gar eine Ohnmacht ein mögliches Szenario.

    (Bild: Bilddatenbank Basel-Stadt) Aktuell sind die Wasserstände erhöht. Dies hat auch zur Folge, dass die Strömung stärker und die Fliessgeschwindigkeit höher sind.

    Beim Sprung in den Rhein sind ja auch noch andere Aspekte zu berücksichtigen: Wasserstand, Strömungen, Wirbel und so weiter. Durch die Schleusen kann auch noch einiges entstehen.
    Philipp Binaghi: Aktuell sind die Wasserstände erhöht. In den Fliessgewässern bedeutet dies, dass mehr Wasser als normal abfliesst. Dies hat auch zur Folge, dass die Strömung stärker und die Fliessgeschwindigkeit höher sind. Dadurch bedingt, erschwert sich zum Beispiel das Manövrieren oder Schwimmen in Fliessgewässern. Alles geht schneller und vorher ersichtliche Hindernisse sind unter Wasser immer noch da aber eben nicht auf den ersten Blick erkennbar. Wichtig ist hier, dass man sich auch mal traut «nein» zu sich selber zu sagen, wenn man sich mit den Bedingungen nicht wohl fühlt. Ganz zentral ist dabei die Frage: «Ist das gut für mich, wenn ich jetzt ins Wassr steige?» Wer sich diese Frage selbst ehrlich beantwortet und dabei die Bade- und FLussreglen der SLRG im Hinterkopf hat, kann so erheblich zur eigenen Sicherheit beitragen.

    JoW,
    Mitarbeit Daniele Ciociola


    Sensibilisierung und Antizipation
    Die Schweizerische Lebensrettungs-Gesellschaft SLRG unterhält viele Kampagnen mit diversen Partnern, um die Sensibilisierung der Bevölkerung bezüglich Baderegeln und -spass sowie Verhaltensweisen zu verstärken und Gefahren antizipierend vorzubeugen.
    Mit Visana zielt beispielsweise die Kampagne www.saveyourfriends.ch speziell auf die Zielgruppe der 15 – 30 jährigen jungen Männer, die am meisten betroffen sind von Badeunfällen (oftmals wegen Selbstüberschätzung). Weitere wichtige Inforamtionen sind hier ersichtlich und abrufbar:
    www.slrg.ch/fileadmin/user_upload/SLRG_CH_2015/Organisation/Wasser-Sicherheits-Forum/2018/WSF-Paper_2018.pdf


    Auf www.polizei.bs.ch/verkehr/rhein/schwimmen-im-rhein.html
    In Zusammenarbeit mit der Schweizerischen Lebensrettungsgesellschaft SLRG hat die Rheinpolizei eine Empfehlung für das Schwimmen im Rhein erarbeitet. Dabei werden der empfohlene Schwimmbereich und die Deutung der roten schwimmenden Schifffahrtszeichen beschrieben, wie man die sogenannte Schifffahrtsrinne vermeidet und wo die Ausstiege empfohlen werden. Die Hauptbotschaft heisst: Nur gute Schwimmer und Schwimmerinnen gehören in den Rhein.

    Aus Sicherheitsgründen ist in Basel das Benützen von Badegeräten und Schwimmhilfen untersagt. Verboten sind zudem nicht eingelöste Schlauchboote, sogenannte Strandboote, Luftreifen, Luftmatratzen, aufblasbare Badetiere und dergleichen, das Baden im signalisierten Badeverbot, das Betreten der Wasserskischanze, das Windsurfen auf dem Rhein in Basel und das Schwimmen im Bereich der Schwarzwaldbrücke. Hier besteht aufgrund der starken Wirbel und der geänderten Strömungsverhältnisse durch die Pfeiler der neuen Eisenbahn sowie der grossen Schiffe Lebensgefahr. Aus Sicherheitsgründen werden zudem die Stand Up Paddler gebeten, nicht in der Schifffahrtsrinne zu fahren. Stand Up Paddler gelten, wie auch die Kanus und Kajaks, als Unterkategorie der Ruderboote. Deshalb gilt: Mitnahmepflicht für Schwimmwesten/Schwimmhilfe.

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