Die trügerische Ruhe vor dem Verkehrschaos-Sturm

    2017 leidet Basel unter vielen Grossbaustellen an neuralgischen Punkten

    Für alle Verkehrsteilnehmerinnen und -teilnehmer, die sich innerhalb des Stadtgebietes bewegen müssen wird das Jahr 2017 zu einer Herausforderung. Besonders jene, die mit dem Auto unterwegs sind, werden keine Freude am bevorstehenden Verkehrschaos haben. Und auch das Tiefbauamt wird sich mit viel Kritik konfrontiert sehen.

    (Bilder: JoW) Die BVB muss 2017 überdurchschnittlich viele Geleisearbeiten mitten im Stadtgebiet an Verkehrsknotenpunkten durchführen. Dies hat bereits und wird noch für massive Verkehrsbehinderungen sorgen.

    Frei nach dem weltberühmten und verfilmten Roman «Chronik eines angekündigten Todes» des Nobelpreisträgers Gabriel Garcia Marquez steht der Basler Sommer 2017 unter dem Motto Chronik eines angekündigten Verkehrschaos’: Thomas Geiger, der Leiter Infrastruktur des Tiefbauamtes, wird  sich viel Kritik anhören müssen bezüglich des Baustellenmanagements. Bereits in diversen Interviews mit unserer Redaktion zu ähnlichen Situationen in den letzten Jahren sagte er: «Für die Benutzerinnen und Benutzer der Strassen ist eine Baustelle in erster Linie einfach eine Baustelle. Es wird nicht differenziert, warum gebaut werden muss. Wie könnte man auch, ohne das Wissen, was genau an welcher Baustelle gemacht wird. Die meisten Baustellen werden für  Instandhaltungsmassnahmen und den Ersatz oder Erhalt der alten Anlagen errichtet.» Das Tiefbauamt informiere zwar laufend, was genau wo gemacht wird, aber verständlicherweise könne man nicht immer alles zur Kenntnis nehmen, so Thomas Geiger. Ihm sei bewusst, dass es immer wieder zu Kritik und Reklamationen über das Baustellenmanagement der Stadt Basel kommen könne. Besonders auch, wenn die Verkehrsbehinderungen scheinbar exponentiell steigen.

    Geduld wird gefragt sein
    Und dies wird dieses Jahr wiederum geschehen: Nach den Instandsetzungen der BVB bezüglich der Schienen und weiteren Baustellen-Grossprojekten wie beispielsweise jene am Aeschenplatz folgen nun weitere grössere Baustellen mit zum Teil drastischen Behinderungen für den Verkehrsfluss auf dem Stadtgebiet und in der Agglomeration. Zum Beispiel das «Erhaltungsprojekt Schänzli». Dieses wird seit dem 3. April 2017 umgesetzt, wie das Bundesamt für Strassen (ASTRA) mitteilte. Die ersten Arbeiten finden an den Autobahnanschlüssen A2/A18 Muttenz Süd in Fahrtrichtung Basel, Muttenz Nord und an der Ausfahrt Birsfelden stattfinden, was bereits in dieser Woche zu einer  Totalsperrung der Autobahn ab Muttenz Süd bis zur Verzweigung Hagnau und eine Sperrung der Einfahrt Muttenz Süd zur Folge hatte. Weitere Sperrungen in den kommenden Monaten sind geplant. Betroffen sind ausserdem die Verzweigung Hagnau, Ausfahrt Muttenz Nord und die Stammachse Basel-Augst sowie die Ausfahrt Birsfelden. Insbesondere in der Nacht sei mit lokalen Spurverengungen zu rechnen. Die entsprechenden Umleitungen werden ausgeschildert. Insgesamt sollen die Instandsetzungsarbeiten rund sieben Jahre dauern. Der Schänzli-Tunnel an sich soll während etwas mehr als drei Jahren gesperrt sein.

    Erinnerungen an die Jahre zuvor, als massive Staus entstanden (wie hier die Baustelle Wettsteinbrücke/Kunstmuseum) werden wach.

    Verständnis für den Ärger der Bevölkerung
    Insgesamt werden im 2017 an die 130 Millionen Franken in die neuen Baustellen investiert. Grössere Aufmerksamkeit werden unter anderem die Bauarbeiten auf der Achse Basel – Riehen Grenze und die Tramverlängerung des 3ers auf sich ziehen. Viele Teilsperrungen mit Umleitung sollen dementsprechend erfolgen sowie auch einige Totalsperrungen. Eine erste Zählung ergibt: Zehn grosse Baustellen werden die Stadt in diesem Jahr belasten. Auch der Münsterberg und Kleinhüningen werden nicht verschont. Dazu gehört auch die Revitalisierung der Wiese. Nichts desto Trotz spricht Kantonsingenieur Roger Reinauer von einem «Normaljahr» was die Bauarbeiten betrifft. Niemand möge Baustellen, sagte Reinauer an der Pressekonferenz zur Baustellensituation 2017. Baustellenarbeiten würden Lärm und Dreck erzeugen, aber die Erneuerungen müssten sein. Die Verkehrsbetriebe würden sich bemühen, für die geringste Unzufriedenheit zu sorgen. Die Bevölkerung zeige eigentlich Verständnis, so Reinauer weiter.

    Auch auf Nebenstrassen ist manchmal Geduld gefragt

    Baustellenmanagement als grosse Herausforderung
    Auch Thomas Geiger stimmte an der Pressekonferenz diesen Aussagen zu. Er ist ein klassischer Planer. Der Bauingenieur ETH/SIA ist verantwortlich für die Koordination und strategische Planung der Baustellen in Basel. Sein Fokus liegt eindeutig auf «Werterhaltung» der Infrastrukturen und nicht nur auf den optimalen Ablauf neuer Baustellen. Der Standart sei bei der Anspruchsgruppe hoch, sagte Geiger schon im 2014: «Wir in der Schweiz sind es uns gewohnt, dass die Infrastrukturen jederzeit verfügbar sind und dass kaum Pannen entstehen, weil wir pro-aktiv und antizipierend planen. Dabei wird immer versucht, so effizient wie nur möglich innerhalb eines Perimeters zu planen und zu koordinieren. Leider können wir aufgrund der Dichte der Ereignisse und die Vielzahl der Veranstaltungen in Basel wenig Rücksicht nehmen und selten das Timing mit den Baustellen so optimieren, dass immer alles umgangen werden kann.» Nebst der Wert­erhaltung der Infrastrukturen sind noch die Bereiche Sicherheit, Effizienz und Kostenmanagement enorm wichtig. Es gilt, Verzögerungen zu vermeiden. Planer wie Thomas Geiger sind Techniker, die auf gute Abläufe  und Kosteneffizienz Wert legen. Schliesslich bewirtschaften und verwalten sie Anlagen im Wert von hunderten von Millionen Franken.

    JoW


    Grossprojekte des Tiefbauamtes, der BVB und IWB

    Das Tiefbauamt Basel-Stadt, die BVB und IWB erneuern auch 2017 wichtige Teile der Basler Infrastruktur. Im kommenden Jahr stehen diverse Bauprojekte an, die aufgrund ihrer Lage und Bedeutung zusätzlich beschleunigt werden. Wegen Gleisarbeiten werden die Abschnitte Aeschengraben, Dorenbachkreisel, Münchensteinerbrücke, Burgfelderstrasse, Mittlere Brücke und Greifengasse während mehreren Wochen für den Tramverkehr gesperrt. Bei der Erneuerung des Aeschengrabens wird zum Beispiel während rund 16 Tagen rund um die Uhr gebaut. Ob eine koordinierte Baustelle zusätzlich beschleunigt wird, ist abhängig von vielen Faktoren, unter anderem von der Anzahl der Anwohnenden, Pendlerströmen oder Wirtschaftsinteressen.

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